Kündigung: Schwangerschaft, Schwerbehinderung, Betriebsrat
Sonderkündigungsschutz
Wenn Sie anerkannt schwerbehindert sind, werdende Mutter oder Betriebsratsmitglied, kann unter den nachfolgend dargestellten Voraussetzungen ein über das Kündigungsschutzgesetz hinaus gehender Sonderkündigungsschutz bestehen. Diese drei Fälle (Schwerbehinderung, Schwangerschaft oder Betriebsratstätigkeit) sind die in der Praxis am häufigsten vorkommende Gründe für das Bestehen von Sonderkündigungsschutz.
Kündigungsschutz für anerkannt Schwerbehinderte
Dieser Sonderkündigungsschutz greift ein, wenn der betreffende Arbeitnehmer zwei Voraussetzungen erfüllt:
1. Schwerbehinderteneigenschaft:
Diese Voraussetzung ist in § 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) geregelt. Nach einer Einteilung des Grades der Behinderung in Zehnerschritten bis 100 ist danach ein Mensch schwerbehindert, wenn der Grad seiner Behinderung mindestens 50 beträgt oder wenn der Grad der Behinderung zwar weniger als 50, aber mindestens 30 beträgt UND eine sogenannte Gleichstellung erfolgt ist. Die Schwerbehinderteneigenschaft muss anerkannt sein; eine solche Anerkennung erfolgt auf Antrag durch die jeweils zuständige Landesbehörde.
In Berlin ist dies das Versorgungsamt des Landesamtes für Gesundheit und Soziales.
Die Gleichstellung hingegen muss bei der jeweils zuständigen Arbeitsagentur beantragt werden. Neben dem reinen Grad der Behinderung von mindestens 30 muss der Antragsteller zudem darlegen können, dass ohne die Gleichstellung infolge der Behinderung ein geeigneter Arbeitsplatz nicht erlangt oder erhalten werden könnte.
2. Wartefrist
Der Sonderkündigungsschutz greift erst und nur dann ein, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat. Dabei kommt es nicht auf den Zeitpunkt der durch die Kündigung beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses – also den Ablauf der Kündigungsfrist – an, sondern auf den Zugang des Kündigungsschreibens.
3. Inhalt des Sonderkündigungsschutzes
Der Kündigungsschutz schwerbehinderter oder diesen gleichgestellter Menschen umfasst nicht eine Art “Unkündbarkeit”, sondern führt (nur) dazu, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch einer beabsichtigten Kündigung ein gesondertes Verfahren durchlaufen, nämlich die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung einholen muss. Spricht der Arbeitgeber die Kündigung jedoch aus, bevor diese Zustimmung vorliegt, ist die Kündigung unwirksam.
KOSTENLOSE ERSTPRÜFUNG
Zu Ihrer Kündigung erhalten Sie unverbindlich eine kostenlose Erstprüfung.
Kontakt: +49 30-25894464 oder blitzkontakt(Replace this parenthesis with the @ sign)aakb.de
Kündigungsschutz für werdende Mütter
Der Sonderkündigungsschutz für Schwangere greift ein, sobald die Arbeitnehmerin schwanger ist UND der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwangerschaft hat oder rechtzeitig erlangt.
1. Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft
Das Erfordernis der Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft ist in drei Stufen unterteilt:
- Der Arbeitgeber muss im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung positive Kenntnis vom Bestehen der Schwangerschaft haben;
- oder, sofern diese Kenntnis zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht vorlag, muss dem Arbeitgeber die Schwangerschaft binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt werden;
- oder, sofern die Frist von zwei Wochen überschritten ist, kann die Mitteilung dennoch rechtzeitig erfolgen und nachgeholt werden, wenn die Überschreitung der Frist nicht durch die Schwangere verschuldet ist und die Nachholung unverzüglich erfolgt. Praktisch erfasst ist hiermit insbesondere der Fall, dass die Schwangere bei Ausspruch der Kündigung selbst noch nicht weiß, dass sie schwanger ist und dies auch erst nach Ablauf der zweiwöchigen Frist erfährt.
2. Umfang des Kündigungsschutzes
Die Kündigung einer schwangeren Frau ist während der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung grundsätzlich unzulässig. (§ 9 Abs. 1 Mutterschutzgesetz – MuSchG)
Die einzige Ausnahme hiervon ist die Möglichkeit für den Arbeitgeber, die beabsichtigte Kündigung von der für Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde (in Berlin: Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit) für zulässig erklären zu lassen.
Die erfolgreiche Durchführung dieses Verfahrens kommt nur dann in Betracht, wenn der Kündigungsgrund in keinerlei Zusammenhang mit der Schwangerschaft selbst steht und es sich um einen “besonderen Fall” handelt (§ 9 Abs. 3 MuSchG). Praktisch muss der Schwangeren ein besonders schweres Fehlverhalten vorwerfbar sein, dessen Schwere mindestens den Bereich eines außerordentlichen Grundes für eine fristlose Kündigung erreicht.
Kündigungsschutz für Mitglieder eines Betriebsrates
1. Ordentliche Kündigung
Die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes ist grundsätzlich ausgeschlossen. Nur im Falle einer Betriebsstilllegung oder der Stilllegung der Betriebsabteilung, in der das betroffene Betriebsratsmitglied arbeitet, kann eine ordentliche Kündigung ausnahmsweise zulässig sein. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sowohl eine personenbedingte Kündigung als auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung eines Betriebsrates nicht möglich sind.
2. Außerordentliche Kündigung
Die außerordentliche Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrates ist entgegen der Regelung zur ordentlichen Kündigung grundsätzlich möglich und zulässig. In der Regel kommt dies bei schweren Pflichtverstößen in Betracht, sofern dem Arbeitgeber hierdurch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Auch in einem solchen Fall schwerer Pflichtverletzung muss der Arbeitgeber allerdings vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Betriebsrats (als Organ) einholen.
Anders als vor der Kündigung eines Arbeitnehmers, der nicht Betriebsrat ist, zu der die reine Anhörung des Betriebsrates ausreichend ist, muss im Falle der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds also der Betriebsrat als Organ zustimmen. Erteilt der Betriebsrat die Zustimmung nicht, muss der Arbeitgeber die Zustimmung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen, BEVOR er die beabsichtigte Kündigung aussprechen kann.





