Entgegen einer weit verbreiteten Annahme entsteht allein durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch oder ein Recht auf eine Abfindung. Es gibt nur zwei Ausnahmen, in denen ein gesetzlicher Abfindungsanspruch geregelt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen jedoch nur selten vor und sind weiter unten erläutert.
Dennoch endet eine hohe Anzahl von Kündigungsschutzverfahren mit einem Vergleich, bei dem eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes an den Arbeitnehmer gezahlt wird.
Da der Wunsch und die Forderung des Arbeitnehmers nach einer Abfindungszahlung in aller Regel nicht auf einen gesetzlichen Anspruch gestützt werden kann, ist es besonders wichtig, sich in eine gute Verhandlungsposition zu bringen.
Denn selbst wenn Sie sich nach Ausspruch einer Kündigung sogar vorstellen könnten, den Verlust des Arbeitsplatzes und die Kündigung zu akzeptieren, sofern Ihre geleistete Arbeit und Ihre Verdienste zumindest mit einer angemessenen Abfindungszahlung honoriert werden, so bedeutet das noch nicht, dass der Arbeitgeber hierzu ohne weiteres bereit sein wird.
Häufige Argumente der Arbeitgeberseite gegen eine Abfindung sind:
- Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens lässt keine Abfindungszahlungen zu.
- Die Kündigung ist rechtlich einwandfrei und nicht angreifbar.
- Durch die Gewährung einer Freistellung hat der Arbeitgeber bereits ausreichendes Entgegenkommen gezeigt.
Als Arbeitnehmer allein und ohne anwaltliche Unterstützung eine solche Blockadehaltung des Arbeitgebers zu durchbrechen, ist schwierig.
Die druckvolle Einforderung einer Abfindung wird umso schwieriger, wenn z.B. eine längere Kündigungsfrist läuft und Sie weiterhin täglich im Betrieb arbeiten und eventuell sogar mit der Geschäftsleitung oder Vorgesetzten zusammenarbeiten müssen. Zudem kann es aufgrund der Weisungsgebundenheit und des gewohnten Über-/ Unterordnungsverhältnisses per se schwierig sein, in der Wahrnehmung des Arbeitsgebers als gleichberechtigter Verhandlungspartner akzeptiert zu werden.
Ein Rechtsanwalt hat als „außenstehender Dritter“ natürlich ganz andere Möglichkeiten, Forderungen zu formulieren und Konsequenzen anzukündigen.
Ein umsichtiger Rechtsanwalt wird daher zunächst die genauen Umstände und Verhältnisse des Arbeitsverhältnisses selbst sowie die Struktur des behaupteten Kündigungsgrundes analysieren und eine Strategie entwickeln, mit welcher Argumentation die Forderung nach Zahlung einer (freiwilligen) Abfindung untermauert und durchgesetzt werden kann. Ein besonderes wichtiges Instrument hierbei ist zunächst in den meisten Fällen die Erhebung einer Kündigungsschutzklage innerhalb der 3-Wochen-Frist, um den “Ball im Spiel” zu halten.
Denn nur solange Ungewissheit über die Wirksamkeit der Kündigung besteht, verbunden mit dem Risiko der Lohnnachzahlung, wird der Arbeitgeber überhaupt gesprächsbereit sein und bleiben. Ferner sollte immer auch geprüft werden, ob nicht Ansprüche auf Vergütung von Zulagen etwa für Nachtarbeit oder Schichtzuschläge bestehen und ob ggf. noch für geleistete Überstunden ein Vergütungsanspruch besteht, der mit dem richtigen Fingerspitzengefühl in die Verhandlung eingebracht und durchgesetzt werden kann.
Es ist daher in den allermeisten Fällen dringend zu empfehlen, einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht zu kontaktieren, um wertvolle Rechtspositionen und Ansprüche nicht leichtfertig zu verspielen.
Abfindungsansprüche im Kündigungsschutzgesetz
1. Der Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG (Kündigungsschutzgesetz)
§ 1 a KSchG kann zwar einen Abfindungsanspruch für den Arbeitnehmer begründen. Dieser Anspruch entsteht allerdings nicht allein dadurch, dass eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wird, sondern setzt zudem voraus, dass der Arbeitgeber – ohne hierzu verpflichtet zu sein! – bereits in dem Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung nach § 1 a KSchG erhält, wenn er gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhebt. (§ 1 a Absatz 1 Satz 2 KSchG)
Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, also der ausdrückliche Hinweis in dem Kündigungsschreiben enthalten ist UND der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhoben hat, entsteht mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Abfindungsanspruch, der nach § 1 a Absatz 2 KSchG 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr beträgt. Dabei werden angefangene Beschäftigungsjahre auf volle Beschäftigungsjahre aufgerundet, sofern mehr als sechs Monate des angefangenen Jahres erreicht wurden.
Praktisch gesehen kann die Abfindung gemäß § 1 a KSchG mehr als eine zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Abfindung betrachtet werden; weniger als ein gesetzlicher Abfindungsanspruch.
Denn nur dann, wenn der Arbeitgeber durch seinen Hinweis im Kündigungsschreiben eine Abfindung in Aussicht stellt und – untechnisch gesprochen – anbietet und der Arbeitnehmer dieses „Angebot“ durch Nichterhebung der Kündigungsschutzklage annimmt, kann der Abfindungsanspruch entstehen.
In der Praxis ist eine Abfindung nach § 1 a KSchG eher selten. Der Grund dafür ist einfach: Weist der Arbeitgeber in seinem Kündigungsschreiben bereits auf die Möglichkeit der Abfindung hin und nennt möglicherweise sogar auch die konkrete Abfindungshöhe, bietet dies dennoch keine Gewähr dafür, dass der gekündigte Arbeitnehmer nicht doch eine Kündigungsschutzklage erhebt.
In diesem Fall hat der Arbeitgeber dann aber durch seinen Hinweis in dem Kündigungsschreiben natürlich nicht nur seine Bereitschaft zur Zahlung einer Abfindung bereits unterstrichen, sondern zugleich auch für eine etwaige spätere Verhandlung über die Abfindungshöhe seinen „Preis“ genannt, den er in jedem Falle bereit wäre, zu zahlen. Aus diesem Grund wählen erfahrungsgemäß nicht viele Arbeitgeber den Weg über eine Kündigung mit Abfindungsangebot nach § 1 a KSchG. Die Vorschrift des § 1 a KSchG wird daher von vielen Experten für rechtspolitisch verfehlt gehalten.
2. Der Abfindungsanspruch nach § 9 KSchG (Kündigungsschutzgesetz)
Innerhalb eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung entstehen, der dann durch das Arbeitsgericht ausgeurteilt wird. Voraussetzung ist ein Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht gegen Zahlung einer Abfindung. Einzelheiten hierzu sind in dem gesonderten Blog „Anspruch auf Abfindung durch Auflösungsantrag“ erläutert.